DUPLICITÈ D'AILLEURS
Thibaut Henz 2014 Suche nach dem Unbewussten www.thibauthenz.com Preisträger Bauhaus Essentials 2015 |
Eine formal-inhaltliche Einordnung der Fotografien von Thibaut Henz scheint schier unmöglich. Nicht nur, dass jede Kategorisierung der motivischen Vielfalt nicht gerecht werden würde, vielmehr verweisen die Bilder in ihrer Gesamtheit bereits auf einen Ort, der schlicht nicht gegeben ist: »ailleurs«, oder: »anderswo« nennt der Fotograf diesen (Un-)Ort, an dem es vielleicht immer schon zu einer Verdopplung (»duplicité«) kommt: Kein abgebildeter Raum beschränkt sich auf sich selbst, sondern bildet bereits in seinem Erscheinen die Abwesenheit eines anderen ab. Ähnlich einer Spur formiert er sich als Übergang zwischen Präsenz und Nicht-Präsenz, Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit, Entbergung und Verbergung: Ein flüchtiger Blick aus dem Fenster, eine Inschrift im Baum oder das verdeckte Antlitz eines Mannes werden etwa als derartige Spuren begreifbar, die sich verhalten an- bzw. aufkündigen.
Jener rezeptionsästhetische Gedanke schlägt sich nun gleichsam auf formale Weise nieder. Wie das »anderswo« der Bilder inhaltlich einen Aufschub anleitet, verweisen die Bilder unter sich auf einen gemeinsamen (Un-)Ort. Keine Titel oder Bildunterschriften lassen einen Schluss auf die tatsächliche Herkunft der Fotografien zu, verkörpern sie doch selbst eine Kontingenzerfahrung, die schon im beachtlichen Spektrum der fotografischen Motive evident wird: Fassadenelemente treffen auf Skulpturen, menschliche Porträts auf Straßenzüge, verdeckte, gar abgetrennte Tierköpfe auf Kruzifixe. Dass diese miteinander vereinbar sind, weil sie immer schon verdoppelt vorliegen (wie besonders am Beispiel des Kruzifixes deutlich wird), zeigen die Fotografien auf ganz unterschiedliche Weise: Mal ist es nur die dezente Farbanalogie zweier Bilder, mal sind es offenkundig ironische Anspielungen, Verrenkungen und Verwicklungen, die das Spiel der Spuren antreiben. Das Wagnis, das damit einhergeht, bleibt jedem Rezipienten selbst überlassen. Text: Florian Glück |