FIERO
Martin Melcher Video-Installation, 16 min Weimar 2014 Immer Irgendwo Anders martinmelcher.de mail [at] martinmelcher.de |
Wenn wir an Videospiele denken, glauben wir dass diese uns Spaß bereiten. Doch wenn wir Videospiele spielen zeigt unsere Mimik und Gestik ein völlig anderes Bild. Eingefrorene Gesichtszüge voller Anspannung, Grimassen von höchster Konzentration bis hin zur abgrundtiefen Frustration wenn wir wieder einmal Verlieren, Sterben oder es einfach nicht ins nächste Level schaffen. Menschen haben das grundsätzliche Bedürfnis voran zu kommen und in etwas erfolgreich zu sein, Videospieler jedoch entscheiden sich dafür eine Aktivität auszuüben in der man höchstwahrscheinlich scheitern und sich unfähig fühlen wird. Warum also spielen wir Videospiele wenn sie uns doch unglücklich machen?
In Videospielen, wie auch in tragischen Werken der Literatur, des Theaters oder im Film, setzen wir uns unangenehmen Erfahrungen aus, die wir normalerweise meiden. Als Reaktion auf die Tragödie erlebt der Zuschauer die Katharsis, die Reinigung von seinen negativen Gefühlen. Doch für Videospieler scheint dies nicht zu gelten. Videospiele reinigen uns nicht von negativen Emotionen; sie produzieren sie. Warum also wollen wir in Videospielen scheitern? Das Scheitern in Videospielen ist in dem Sinne einzigartiger Vorgang, in dem man als Spieler in einer Form nicht den Vorgaben des Spiels entspricht. Und doch motivieren uns Spiele immer wieder dazu es noch einmal zu probieren, uns selbst in Frage zu stellen, das Spiel in Frage zu stellen, weiter zu spielen, um eben jenen Mangel aufzulösen und über das Spiel zu triumphieren. Sie bilden unsere Persönlichkeit und verleihen uns den Mut und die Kraft schwierigere Aufgaben meistern zu wollen. Die italienische Psychologin Isabella Poggi hat hierfür den Begriff Fiero geprägt, der den Stolz beschreibt, den man verspürt wenn man nach einer Vielzahl von Versuchen oder großer Anstrengung es endlich geschafft und seinen persönlichen Triumph erreicht hat. Wir spüren sehr genau wann wir Fiero erleben und wir können es sehen. Das liegt daran dass fast jeder Mensch Fiero gleich ausdrückt: wir werfen unsere Arme über unseren Kopf und jubeln. Der Umstand das nahezu alle Menschen auf die selbe Art Fiero ausdrücken, deutet daraufhin dass es sich hierbei um eines der ursprünglichsten menschlichen Gefühle handelt welches seit vielen Jahrtausenden in uns steckt. Es macht uns süchtig. Fiero erzeugt einen Rausch wie kein anderes Gefühl. Je größer und schwieriger sich unsere Herausforderungen gestalten umso intensiver ist das darauf folgende Fiero. Je stärker wir Scheitern umso intensiver das Fiero. |