BIS DAHIN BLEIBT DIE LAUSITZ IN DER ZWISCHENZEIT
Dominique Wollniok Lausitz, Deutschland 2014 Immer Irgendwo Anders dominiquewollniok.de |
Im Aufbau nach dem Abbau. Wo einst Hügel mit wilden Wäldern und kleine Dörfer die Landschaft bestimmten, wurde die Erde abgetragen und die Häuser versetzt. Der Kohletagebau hat der Region einen neuen Wert gegeben. Auch heute noch müssen Dörfer, die auf Kohle stehen, umgesiedelt werden, damit das schwarze Gold als Energieträger gefördert werden kann. Der Wegfall der Kernenergie führt zur Konjunktur der Braunkohle, die dank billiger Verschmutzungsrechte rentabel bleibt.
Bevor eine Landschaft devastiert wird, steht bereits die zukünftige Bergbaufolgelandschaft fest. Staatliche Sanierungspläne schreiben vor, dass „Altindustrieanlage abzubauen, die ökologischen Belastungen zu mindern und die Leistungsfähigkeit des Natur- und Wasserhaushaltes wiederherzustellen“ sind. Die staatliche Lausitzer- und Mitteldeutsche Bergbau Verwaltungsgesellschaft (LMBV) ist dazu verpflichtet, die Landschaft bis zum siebten Jahr nach dem Bergbau wieder urbar zu machen. Seit 2000 setzt sich zudem die Internationale Bauausstellung (IBA) für die Schaffung neuer Landschaften ein, die als „strukturelle, wirtschaftsfördernde Möglichkeiten über einen langen Zeitraum und damit als Entwicklungschance für die Lausitz sowie als Beispiel für andere Bergbauregionen“ gelten sollen. Aber wie sieht das aus? Die Wiederherstellung der Lausitz-typischen Landschaft von einst ist technisch und naturräumlich nicht möglich. Was stattdessen entsteht, ist Europas größte künstlich-erschaffene Wasserlandschaft und mit ihr zahlreiche touristische Angebote: ein Stadthafen mit Seebrücke, ein Leuchtturm mit Hochzeitssuite und zahlreiche Seehotels mit besten Blick auf die gefluteten Tagebaulöcher. Ich möchte in meiner Fotoserie die Zwischenzeit, in der sich die Lausitz gerade befindet, dokumentieren. Im Zentrum meiner Beobachtungen stehen bewusst oder unbewusst erschaffene landschaftliche Artefakte: absurde Formen, die auf ihre Flutung warten, Natur, die in Reih und Glied wieder den Großteil der Landschaft bewachsen soll oder Touristenattraktionen, die sich herausgeputzt haben und nun voller Hoffnung auf Gäste warten. Ich bilde Übergangslandschaften ab, die das utopische Potential der zukünftigen Lausitz darstellen. In einer klaren Bildsprache zeigt sich der geradlinige Plan: Hier soll etwas entstehen, das es so noch nicht gegeben hat; die Region soll neu definiert und zukünftigen Nutzungsszenarien zugeführt werden. Ob dieses Vorhaben Erfolg haben wird oder ob es scheitert, wird man erst in ein paar Jahren sehen. Bis dahin bleibt die Lausitz in der Zwischenzeit. |